Das Porträt von Joëlle Magnin ist in der Ausgabe Mai/Juni 2019 von Bioterra erschienen. Das Magazin ist Medienpartner der BOTANICA www.bioterra.ch (Foto: Stefan Walter)

Klimawandel im Pflanzenreich

«Der Mensch schützt, was er schätzt.»

Wenn sich das ganze Leben um Pflanzen dreht: Joëlle Magnin arbeitet als Konservatorin am Museum für Botanik in Lausanne. In ihrer Freizeit recherchiert und schreibt sie an einem Buch über die Waadtländer Flora.

Es sind über 350 000 kleine rote Punkte, die Joëlle Magnin begeistern. «Schauen Sie mal», sagt sie und schiebt den Laptop über den Tisch, «die Karte des Kantons Waadt ist ganz rot vor lauter Punkten!» Seit vier Jahren sind im Kanton Waadt 150 Freiwillige unterwegs und halten fest, wo sie welche Pflanzen finden. Jeder Eintrag gibt einen roten Punkt. Mit all diesen Daten entsteht am Ende eine Übersicht, die zeigt, wo in diesem grossen, landschaftlich abwechslungsreichen Kanton über 2200 verschiedene Arten zu finden sind.

Jöelle Magnin ist als Präsidentin des Botanischen Zirkels im Kanton Waadt Mitinitiantin dieses ambitionierten Projektes, für das alle ehrenamtlich arbeiten. Sie selber hat an Feierabenden und Wochenenden 225 Quadratkilometer Kantonsfläche inventarisiert und sich dabei auch für ein paar besonders schwer zugängliche Flächen in einer Schlucht entschieden. «Das Vallée de la Mérine war von Botanikern noch kaum untersucht worden – umso spannender war es.» Sie fand den Pyrenäen-Bergflachs und die Hecken-Wicke, zwei Pflanzen, die man in dieser Region bis anhin nicht gekannt hatte.

Joëlle Magnins Leidenschaft für das Pflanzenreich erwachte schon in ihrer Kindheit. Mit elf Jahren machte sie ihr erstes Herbarium mit Pflanzen, die sie in ihrer Umgebung fand. Sie wuchs in Belgien und Frankreich auf, studierte Biologie und kam 1983 der Liebe wegen in die Schweiz. In Lausanne fand sie eine Stelle im Kantonalen Botanischen Garten und Museum, wo sie noch immer arbeitet und für die Bibliothek zuständig ist. In dieser Funktion hat sie 2004 auch ihr erstes Buch publiziert: Als sie ihre Stelle aufnahm, vermisste sie ein Werk auf Französisch über die Geschichte der botanischen Wissenschaft. So fing sie selber an, zu recherchieren und Zusammenfassungen zu schreiben. Bis sie so viele Dokumente hatte, dass ein Arbeitskollege fand, man müsste all diese Unterlagen doch publizieren. Sie fand einen Verlag, und schon bald stand das erste von ihren bisher drei Büchern in den Buchhandlungen.

In zwei Jahren soll nun der Atlas der Waadtländer Flora publiziert werden – genau 139 Jahre nach dem letzten und bislang einzigen Buch über das Pflanzenreich im Kanton. Was für Tendenzen lassen sich bis jetzt ablesen? «Eine genaue Analyse haben wir noch nicht gemacht», sagt sie, «aber wir können bereits feststellen, dass rare Arten rar geblieben und einige sogar ganz verschwunden sind.» Zum Beispiel die Littorella uniflora, auf Deutsch Strandling, die entlang von Ufern in Sand oder Kies wächst. Vor fünfzig Jahren fand man sie noch am Ufer des Genfersees. Heute existiert sie dort nicht mehr. Was ist passiert? Es gebe viele Gründe für den Rückgang der Biodiversität, sagt Joëlle Magnin: Landschaftsveränderungen, Siedlungsdruck, Klimaerwärmung.

Um die Folgen des Klimawandels für die Pflanzenwelt dreht sich in den nächsten drei Jahren auch die Botanica, eine Initiative von rund 20 botanischen Gärten in der Schweiz. Unter dem Titel «Klimawandel im Pflanzenreich» werden die Gärten von 2019 bis 2021 anhand verschiedener Veranstaltungen die Öffentlichkeit informieren und sensibilisieren (siehe Box). Auch Joëlle Magnin wird an den Aktivitäten im Botanischen Garten Lausanne mitarbeiten. «Ob ich eine Ausstellung konzipiere, ein Buch schreibe oder Daten sammle für einen Pflanzenatlas – es geht mir immer um dasselbe», sagt die 57-Jährige: «Ich möchte mithelfen, dass der Mensch wieder Zugang findet zur Natur, von der er sich leider – und das macht mir manchmal Angst – immer weiter entfernt.» Doch dass die Beziehung zwischen Mensch und Natur funktioniere, sei enorm wichtig: «Nur was der Mensch kennt und schätzt, wird er auch schützen», sagt sie.

Deshalb hat sie auch so grosse Freude an den vielen roten Punkten auf der Waadtländer Karte. Sie sind alle ein Zeugnis des Pflanzenreiches im Kanton und ein wichtiges Statement. Nicht nur für Bedauerliches, sondern immer auch wieder für Erfreuliches: So wurde von der seltenen Borstigen Glockenblume Campanula cervicaria ein bis zu diesem Zeitpunkt unbekannter und kleiner Bestand gefunden. «Solche Ereignisse sind einfach grossartig», sagt Magnin. Und sie motivieren sie, weiterzumachen. «Weil es sich noch immer lohnt.»

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